top of page

Was ist Selbstmitgefühl?

(...) Diese Überzeugungen und  unsere Anstrengungen helfen uns meistens nicht wirklich weiter. Im Gegenteil, sie können längerfristig an der Lebenskraft und Lebensfreude zehren und uns in einem frustrierenden und erschöpfenden Kreislauf gefangen halten. Selbstmitgefühl ist eine innere Haltung, die uns hilft, aus diesem Kreislauf auszusteigen. Als eine angeborene Fähigkeit entfaltet sie ihr Potential, wenn wir lernen, uns selber Verständnis und liebevolle, freundliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Um Selbstmitgefühl zu erklären, brauchen wir oft folgendes Bild: «Stell dir vor, dass jemand, den du sehr, sehr gerne hast und an dem dir wirklich etwas liegt, Kummer hat, weil ihm/ihr ein Fehler unterlaufen ist. Die Person kommt zu dir, ist sehr bekümmert und weint. Wie reagierst du?»

 

«Nun stell dir vor, dass dir derselbe Fehler passiert ist. Wie reagierst du? Gleich oder anders? Womöglich mit weniger Verständnis, Wohlwollen, Trost?»

 

Unter Selbstmitgefühl verstehen wir die Fähigkeit, dass wir uns dann, wenn wir uns am meisten brauchen, nicht selbst verlassen, verurteilen oder abwerten, sondern uns genauso liebevoll und verständnisvoll selbst zuwenden, wie wir es bei einem anderen geliebten Wesen auch tun würden. Immer dann, wenn es so richtig schwierig wird, weil wir Fehler gemacht haben, gescheitert oder verletzt sind, wenn wir physische oder psychische Schmerzen haben, unser Leben aus den Fugen gerät und unsere inneren Antreiber und Kritiker auf Hochtouren laufen, kann Selbstmitgefühl uns helfen.

 

Die Basis von Selbstmitgefühl ist Achtsamkeit, gefolgt von der Absicht und dem Bemühen, sich selbst zu umsorgen und zu trösten. Die drei Kernkomponenten von Selbstmitgefühl sind Achtsamkeit, Güte und gemeinsames Menschsein. Zusammen manifestieren sich diese Komponenten in einem Zustand von warmherziger, verbundener Präsenz.

 

Selbstmitgefühl leben heisst, eine bewusste Entscheidung zu treffen, die eigenen Empfindungen, Gefühle und Gedanken im gegenwärtigen Moment zu erleben, wie sie sind. Das bedeutet, dass ich versuche, mich dem Schmerzhaften zu nähern, mich behutsam dafür öffne, es aushalte und halte. Darüber hinaus meint das nicht nur das Annehmen eines Gefühls oder Gedankens, sondern dass ich die Person akzeptiere und verstehe, die diese Dinge erlebt: Wir nehmen uns in unserem Schmerz an und mühen uns nicht länger damit ab, uns besser zu fühlen, sondern entwickeln Zuneigung zu uns selbst. Wir fangen an, uns liebevoll zu umsorgen, weil wir gerade einen schmerzhaften Moment durchleben.  Dabei werden sogenannt negative Gefühle nicht einfach durch positive ersetzt, sondern positive Emotionen werden ermöglicht, indem die negativen angenommen werden.

bottom of page